Allens düütsch

Zündender Komödienspaß mit „Allens düütsch“

nbkiel-admin In der Presse, Kieler Nachrichten

Mit Vorurteilen und Klischees spielt die Komödie „Allens düütsch“, die jetzt an der Niederdeutschen Bühne Kiel Premiere feierte. Witzig aufgedreht und zum hörbaren Vergnügen des Publikums im Theater am Wilhelmplatz.

Vom 16.01.2022 aus der Redaktion der Kieler Nachrichten

VON RUTH BENDER

Kiel Was tun, wenn eine quer durch Europa und Mittelmeerraum zusammengewürfelte Studenten-WG plötzlich wegen eines Behördenirrtums eine tadellos deutsche Familie faken soll? Und das auch noch, nachdem mit Hauptmieter Sören Hansen der offiziell einzige Deutsche in der Wohnung in den Ski-Urlaub abgedampft ist? Auftakt für Stefan Vögels Stück „Allens düütsch“ („Alles Deutsch!“), das sich in der niederdeutschen Fassung von Manfred Hinrichs im Theater am Wilhelmplatz zum zusehends Fahrt aufnehmenden Komödienspaß entwickelt.

Wird schon, denkt sich das verbleibende Multikulti-Quartett – und hat flugs die Familienaufstellung parat. Tarik, der Syrer ohne Aufenthaltsgenehmigung, aber mit Hang zur mittelhochdeutschen Lyrik, soll das Familienoberhaupt geben, dem Virginie aus Frankreich treusorgend zur Seite steht. Dazu die Kumpel Enzo (Italien) und Rudi (Österreich) als ungleiches Brüderpaar. Und jeder der vier hat sein eigenes Bild davon, wie der typische Deutsche aussieht.

Spielfreudig durchs türenschlagende Bühnenbild

Dass das Konstrukt seine Lücken hat, tut dem Ganzen keinen Abbruch. Regisseurin Karen Dietmair hat Vögels Stück mit der Niederdeutschen Bühne flott und mit Lust am Klischee von Friesennerz bis THW-Schal in Szene gesetzt. Und sie lässt ein spielfreudiges Ensemble los, das locker im türenschlagenden Bühnenbild (Rainer Kühn) aufspielt und durch die Doppelrollen groovt. Allen voran Taskin Tavas als Tarik, der mit der frappierenden Verwandlung vom ordentlichen Studenten zum leicht prekären Jogginghosenträger zusehends aufdreht. Ganz zu schweigen davon, dass er so selbstverständlich Platt snackt wie angeboren.

Mit Chuzpe und kokettem Augenaufschlag glänzt daneben Lian Alipour als Virginie. Nikita Heimann verströmt als Klischee-Italiener stimmstark öligen Charme und Christian Frickes Rudi (23. Semster Psychologie) mächtig Ösi-Schmäh. Kein Wunder, dass sich Sven Bohdes leicht verirrt wirkender Urlaubsheimkehrer Sören in die neue Situation erstmal hineinfinden muss. Da sind die zwei „Außenseiter“ ganz anders davor: Silke Broxtermann spielt sich gekonnt komisch als zickiges Nachbarinnen-Klischee nach vorn, und Ingo Büchmann lässt den Wohnungsprüfer Jochen Reize prima zwischen naiv und naßforsch pendeln.

„Allens düütsch“: Schlingern zwischen Hoch- und Plattdeutsch

Klar, dass das vom Autor mit heißer Nadel gestrickte Patchwork aus der Spur geraten muss. Und so schlingert der Abend gut gelaunt zwischen Hoch- und Plattdeutsch und durchs komische Doppelspiel voran. Ja, es geht auch um Vorurteile und kulturelle Klischees in dem Stück; hier sind sie der Stoff, aus dem die Gags sind. In den besten Momenten lässig aus der Hüfte, wie man es aus der Comedy kennt. Das ließe sich gewiss auch grotesker vorführen; man kann sich aber auch ganz aufs Gelingen der Multikulti-Wahlfamilie konzentrieren. Langer Applaus im hörbar vergnügten Premierenpublikum.

Theater am Wilhelmplatz. Bis 13. Februar, Do. und Fr. jeweils 20 Uhr; Sa. und So. jeweils 18 Uhr. Karten: 0431/901 901.

Artikel veröffentlicht: Sonntag, 16.01.2022 in den Kieler Nachrichten.
Foto: Imke Noack


Tickets sind an allen bekannten VVK-Stellen erhältlich oder unter (0431) 901 901.

ALLENS DÜÜTSCH – ODER WAT?