Niederdeutsche Bühne Kiel startet am Wilhelmplatz mit „De dresserte Mann“
Vom 27.09.2021 aus der Redaktion der Kieler Nachrichten
VON THOMAS RICHTER
KIEL. (…) Zum Saisonauftakt im Theater am Wilhelmplatz präsentierte die Niederdeutsche Bühne Kiel die immer noch kontrovers diskutierte Komödie nach dem gleichnamigen Bestseller von Esther Vilar in der Bearbeitung von John von Düffel (niederdeutsch von Meike Meiners).
Es geht um Emanzipation. Und die Frage ist natürlich noch nicht hinreichend geklärt. In ihrem Erfolgswerk dreht die Autorin das Thema mal ganz einfach auf links. Helene und Bastian sind eigentlich ein zufriedenes Paar. Bei der geschlechtlichen Rollenverteilung allerdings ist ein bisschen Sand im Getriebe. Bastians Heiratsantrag wird ersteinmal auf Eisgelegt, als er erfährt, dass ihn seine Angebetete beruflich überholt.
Klassiker modern und clean auf die Bretter gebracht
Zwischen Helene, die Sofie Köhler ganz wunderbar zwischen Business-Frau und Familienmensch spielt, und einem nicht minder überzeugenden Fabian Neumann, der seine Figur ob der beruflichen Fortschritte seiner Freundin (und nach seinem Plan zukünftigen Frau) als leicht aus der Spur geratenden „Macher“ porträtiert, entfesselt sich ein sehenswertes Duell. Befeuert wird das Ganze durch die Mütter „alter Schule“ des angehenden Paares. Heike Börgert als Zahnarztgattin Konstanze Engelbrecht und Anne Rohde in der Figur der Dozentin für Genderstudien, Dr. Schröder-Röder, machen wirklich Freude. Nach dem Motto, der Mann verdient die Kohle und sie macht ihn glücklich, wenn er es denn wünscht, stricken sie ganz heftig am Beziehungsgeflecht der Verliebten.
Das Spiel mit den Rollen-Klischees ist natürlich komisch, wirkte aber nie banal. Das liegt nicht zuletzt an der
Arbeit von Karolin Wunderlich. Die Regisseurin, die auch Theaterpädagogin am Werftpark-Theater ist, hat aufgrund einer humorvollen, aber stets konzentrierten Personenregie ihre Inszenierung sehr modern und gewissermaßen „clean“ auf die Bretter gebracht. Das Thema hat sie dabei nie aus den Augen verloren. Die Pointen saßen, der Rhythmus stimmte.
In der von Bühnenbildner Rainer Kühn mit klaren Strukturen ausgestatteten „ Besserverdienenden-Wohnung“, die aber auch spiegelt, dass es da drinnen trotz des neumodischen Designs an Wärme fehlt, tritt ein tolles Ensemble
auf.
Entsprechend war der große Applaus.
Artikel veröffentlicht: Montag, 27.09.2021 in den Kieler Nachrichten
Foto: Imke Noack
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