Zwischen Frivolität und Tragik

NB Kiel In der Presse, Kieler Nachrichten

Es ist eine dieser typisch britischen Komödien, die zwar lustig, manchmal auch flapsig sind, aber immer einen nachdenklich stimmenden, melancholischen, ja ernsthaften Unterton anspielen. „Kalenner Deerns“ feierte im Theater am Wilhelmplatz seine niederdeutsche Erstaufführung.

Vom 07.11.2017 aus der Redaktion der Kieler Nachrichten

Kiel. Vorlage ist der 2003 in den Kinos gestartete Film „Calendar Girls“ von Autor Tim Firth (Regie: Nigel Cole). Der auf doppelbödige und unterhaltsame Stoffe spezialisierte Theater-Regisseur Jörg Diekneite wandert schrittsicher auf dem schmalen Grad zwischen Frivolität, Witz und Tragödie, der dieses von Wolf Christian Schröder zunächst ins deutsche und dann von Markus Weise ins niederdeutsche übertragene Stück so unverwechselbar macht.

Die langjährigen Freundinnen Annie und Chris gehören der Regionalgruppe des „Rylstones Institutes“ in Yorkshire an. Doch Rezepte austauschen, Haushaltstipps weiterzugeben oder einfach die Freundschaften zu pflegen langweilt die betagten Frauen zunehmends. Ein Schicksalsschlag bringt sie auf eine ungewöhnliche Idee für einen guten Zweck. Die reifen Mädels beschließen, einen Pin-up-Kalender zu produzieren. Das „Shooting“ ist sicher der dramaturgische Höhepunkt des Stücks – von Diekneite intelligent, bühnenwirksam und geschmackvoll in Szene gesetzt.

Diese Momente adeln die im englisch-rustikalen Bühnenbild von Christine Urbatz bestens aufgehobene Inszenierung nicht nur wegen der lustigen Utensilien, mit denen die Damen ihre Blöße irgendwie dann doch bedecken. Vielmehr gelingt es der Regie an dieser Stelle den Blick auf die Charaktere zu konzentrieren. Je weniger die Damen anhaben, desto mehr offenbaren sie ihre Gefühlswelten. Mut, Stolz, Trotz, aber auch Unsicherheit und überspielte Scham spiegeln sich in den Gesichtern und Posen der großartigen Darstellerinnen. Sabine Alipour, Heike Börgert, Silke Ehrich, Karen Ehlers, Susanne Wieger, Britta Kabus und Britta Poggensee können hier glänzen.

Das Medienecho der außergewöhnlichen Aktion erschüttert die freundschaftlichen und familiären Verhältnisse der Damen indes empfindlich. Und auch davor verschließt die Inszenierung bis zum versöhnlichen Ende nicht die Augen.

Von Thomas Richter
Artikel veröffentlicht: Dienstag, 07.11.2017 07:17 Uhr

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