Marc Beckers Stück „Un denn de Heven vull von Geigen“ (nddt. Annegret Peters) hatte am Freitag in der ausverkauften Niederdeutschen Bühne in Kiel Premiere. Mit Erfolg. Das jedenfalls befanden die restlos begeisterten Premierengäste.
Vom 07.10.2018 aus der Redaktion der Kieler Nachrichten
Kiel. „Liebe hat kein Alter, sie wird ständig neu geboren“, befand schon Blaise Pascal, jener berühmte Philosoph, Physiker und Begründer der Wahrscheinlichkeitsrechnung. Diesem mehr als 350 Jahre alten Bonmot scheint Marc Becker mit seinem Stück „Un denn de Heven vull von Geigen“ (nddt. Annegret Peters) auf den Grund gehen zu wollen.
Weil sich die Schmetterlinge im Bauch eben auch in fortgeschrittenen Alter nicht einfach zur Ruhe setzen, bietet die lebens- und liebeserfahrene Bar-Besitzerin Caro (Gisela Siebert) gemeinsam mit ihrem smart-charmanten Enkel Sven (Jan-Ole Hoffmann) ein Speed Dating für Vertreter der jung gebliebenen Generation 60 plus an. Mit von der Partie sind Brigitta (Brigitta Goile), Rosi (Anne Rohde), Sabine (Silke Ehrich), Wilma (Karen Ehlers), Klaus (Bernd Schauer), Norbert (Ulli Thode) und Udo (Winfred Fischera).
Gesprächsthemenkarten liegen auf dem Tisch
Um den Himmel voller Geigen anständig zum Klingen zu bringen, gibt’s vom Moderatoren-Duo Caro und Sven noch einige Tipps bezüglich erfolgsversprechenden Flirtverhaltens. Als da wären Komplimente machen, zuhören und sprechen können oder Hände stillhalten. Und sollte die Geschichte doch mal ins stocken kommen, liegen Gesprächsthemenkarten auf dem Tisch. Dann geht’s los und die paarungsbereiten Tandems betreten das Feld, welches Bühnenbildner Rainer Kühn als plüschig-elegantes Etablissement mit beweglicher „Kennenlern-Ecke“ eingerichtet hat.
Vier Minuten haben Frau und Mann jeweils Zeit, um sich kennenzulernen, dann ertönt ein Gong und das Spiel geht in neuer Konstellation von vorne los. Das Turteln der Senioren inszeniert Karen Dietmair mit sicherem Gespür für die Komik der Situation, beweist aber auch viel Sympathie für ihre Figuren, die zeigen, dass Lebenserfahrung in Liebesdingen eben keine große Rolle spielt. Da macht man sich gerne noch mal zum Affen, flunkert auch mal ein wenig rum, kämpft um Sympathie-Punkte. Alles wie früher eben.
Tanzen, bis langsam das Licht ausgeht
Das ist bei allem Witz ausgesprochen charmant erzählt und hat tatsächlich tiefgründige zwischenmenschliche Momente. Das bestens aufgelegte Ensemble bringt den zeitlosen Liebesreigen mit ordentlich Esprit auf die Bühne und macht dabei auch vor schräg-schönen Gesangseinlagen nicht halt. Der hinreißendste Moment gelingt Dietmair im letzten Bild vor der Pause: Als Caro singt Gisela Siebert Für mich soll’s rote Rosen regnen, während die potentiellen Paare in spe erst zögerlich, dann versunken miteinander tanzen, bis langsam das Licht ausgeht.
Von Thomas Richter
Artikel veröffentlicht: Sonntag, 07.10.2018 16:21 Uhr
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Foto: Thomas Faust