Vorhang auf für die neuen Akteure

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Vorhang auf für die neuen Akteure

Vom 27.10.2016 aus der Redaktion des Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlags

Kiel. „Mien Mann, de fohrt to See“: Bei der Premiere der Niederdeutschen Bühne am Freitagabend feiern gleich sechs Ensemblemitglieder ihren Einstand am Wilhelmplatz. Die Neuen – vertraut man jedenfalls der Stimmung bei der Generalprobe – harmonieren gut mit den alten Hasen.

Um den Schauspielernachwuchs muss sich die Niederdeutsche Bühne Kiel zurzeit keine Sorgen machen. Ganz im Gegenteil. Vor vier Wochen feierten bereits Sofie Köhler als schnoddrige vorlaute Punk-Mutter und Jannis Mieck als respektloser Rocker bei „Bliev doch to’n Fröhstück“ einen stark umjubelten Einstand.Und heute Abend sind bei der zweiten Premiere der Saison, beim plattdeutschen Klassiker „Mien Mann, de fohrt to See“, nicht weniger als sechs Neulinge am Wilhelmplatz dabei.

Schon zahlenmäßig trägt damit das plattdeutsche sommerliche Casting theatralische Früchte. „Großes Talent“ bescheinigt Carina Dawert, die stellvertretende Bühnenleiterin, den nicht mehr so ganz jungen „Frischlingen“ und freut sich auch darüber, dass sogar echte plattdeutsche Muttersprachler unter ihnen sind. Einige von ihnen bringen laienhafte Erfahrung von kleinen Bühnen mit, haben in Melsdorf, Gettorf, Lütjenburg oder Plön schon vor Publikum gespielt. Op Platt, auf Hochdeutsch oder in jenem breiten Missingsch, das auch bei „Mien Mann“ in der Hamburger Hafenkneipe gerne gesprochen wird.

Dieses Kauderwelsch kommt auch Erwin Hack leicht über die Lippen. Der 48-Jährige gehört zu den absoluten Theater-Neulingen. Eigentlich wollte er aus reiner Neugierde damals beim Casting „einfach mal hinter die Kulissen schauen“, jetzt hat er eine Rolle im zehnköpfigen Ensemble abbekommen. „Ein bisschen Lampenfieber habe ich schon“, gestand er gestern Abend knapp vor der Generalprobe.

Das aber sei völlig normal, beruhigen ihn die alten Hasen, allen voran Sonja Brehmer. Sie feiert heute Abend ihr 50-jähriges Bühnenjubiläum und kann ihren Mitspielern schon mal mit dem einen oder anderen Tipp weiterhelfen. „Sie hat mir gezeigt, wie ich am besten die Perücke aufsetze“, erzählt etwa Silke Ehrich von den Proben unter der Regie von Jörg Diekneite. „Man ist schnell wieder drin“, betont Hans Höllwig, der nach langjähriger Pause wieder eine Rolle bei der Niederdeutschen Bühne übernimmt. Er darf jetzt wieder rumblödeln, zumal er in der Kneipe mit Leidenschaft den Suffkopp spielt, der vom Köm nie genug bekommen kann. „Nicht meine erste Rolle als Trunkenbold“, fügt er schmunzelnd hinzu.

Zur guten Stimmung im Ensemble trägt natürlich auch die Komödie selbst bei, in der es vor Erbschleichern in der Verwandtschaft und Heiratsbewerbern nur so wimmelt. Denn Lokalbesitzerin Mary Brammer (gespielt von Karen Ehlers) hat erstens nicht nur einen satten Lottogewinn gemacht, sondern zweitens auch ihren Ehemann Karl (Winfried Fischera) verloren, der mit seinem Dampfer untergegangen ist. Glauben jedenfalls alle, die nicht wissen, dass der Kneipenchef in Wahrheit im Knast eine Haftstrafe wegen Zigarettenschmuggels abbrummen muss. Und so ist die Überraschung groß, als der Totgesagte wohlbehalten wieder in seiner eigenen Lokalität auftaucht. Da ist es auf einen Schlag mit der Harmonie vorbei . . .

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