Kieler Nachrichten – Halsbreken Grappen

NB Kiel In der Presse, Kieler Nachrichten

Irgendwann geht es dann für alle um alles

Vom 18.01.2016 aus der Redaktion der Kieler Nachrichten

Niederdeutsche Bühne Kiel glänzte mit dem spannenden Krimistück „Halsbreken Grappen“ im ernsten Fach

„Es ist eine mutige Entscheidung der Niederdeutschen Bühne Kiel, den Psychothriller Halsbreken Grappen (Dangerous Obsession) auf den aktuellen Spielplan zu setzen. Nicht etwa, weil das Stück aus der Feder des britischen Schriftstellers und Drehbuchautoren Norman J. Crisp nicht äußerst spannend und unterhaltsam ist. Vielmehr, weil dieses hochkonzentrierte Kammerspiel wahrscheinlich ziemlich streng gegen die Sehgewohnheiten einiger Fans des Theaters am Wilhelmplatz gebürstet hat. Am Wochenende hatte der Krimi dort Premiere. Eigentlich sollte es bei dem gut situierten Ehepaar Dreesen ein ganz normaler Abend werden. Im Wintergarten wartet Silvia auf ihren Mann Martin, als plötzlich ein irgendwie verschroben wirkender Fremder, der sich als Jan Garrelts vorstellt, vor den großen Außenfenstern erscheint. Der ungebetene Gast, offenbar ein früherer Bekannter von Silvia, wird hereingelassen und beginnt in der Vergangenheit der Dreesens herumzustochern. Als Martin nach Hause kommt, zieht Garrelts die Daumenschrauben langsam, schleichend, aber auf beängstigende Weise unaufhaltsam weiter an. Dunkle Geheimnisse werden so ans Licht gebracht. Wie der mysteriöse Autounfall, bei dem ein Mensch zu Tode kam, und in den Martin offenbar verwickelt war. Schließlich bedroht der Fremde die beiden mit einer Pistole. Wer ist dieser Typ? Ein Verrückter? Ein fehl geleiteter Ermittler? Ein selbsternannter Rächer?
Es war schon immer eine Qualität von Regisseur Jörg Diekneite, dass er bei seinen Inszenierungen das richtige Vertrauen in den Stoff hatte und eine adäquate Spielweise fand. So auch bei Halsbreken Grappen. Im eleganten, offenen, aber gleichwohl kühlen, deswegen sehr passenden Bühnenbild von Rainer Kühn entwickelt Diekneite mit seinen drei ausgezeichneten Darstellern Corinna Witt (Silvia Dreesen), Jörn Arens (Martin Dreesen) und Rüdiger Petersen (Jan Garrelts) ein klaustrophobisches, dichtes Spannungsstück. Obwohl es im Verlauf der Handlung schließlich für alle um alles zu gehen scheint, gibt es keine übertriebene Lautstärke, keine Hysterie, kaum Humor. Dafür steht die niederdeutsche Sprache als Handlungsmotor so sehr im Zentrum wie selten zuvor. Diese Geschichte ist eine ernste Sache und so hat der Regisseur sie inszeniert. Glückwunsch.“