Vom 28.10.2019 aus der Redaktion der Kieler Nachrichten
Karen Dietmair inszenierte an der Niederdeutschen Bühne „Romys Pool
KIEL. Auch wenn der Bezug zum Kult-Streifen „Der Swimmingpool“ nur vage ist, mangelt es dem Stück „Romys Pool“ nicht an Intrigen und Kehrtwendungen. Allerdings mischt Autor Stefan Vögel seinem Werk ein erhebliches Maß an Humor und Menschlichkeit bei, wie die Premiere im Theater am Wilhelmplatz bewies.
„Der Swimmingpool“: Romy Schneider und Alain Delon im Sommerurlaub in Saint-Tropez. Blaues Wasser, Blauer Himmel, Erotik und ein Mord. Letzterer ist Anna aber wurscht. Die pensionierte Zimmerwirtin träumt vielmehr von jenem Pool, dem Romy so verlockend entstieg. In dem man aber auch herrlich abtauchen kann. Das jedenfalls wünscht sich Anna nach einem entbehrungsreichen Leben.
Der Griff nach dem Glück
Doch ihr durchtriebener Sohn Günni will sie in ein Pflegeheim stecken. Zwar scheint Anna unter beginnender Demenz zu leiden, doch Günni geht’s weniger um Mutters Gesundheit als um ihr Haus und die Ersparnisse. Ermuntert von der Altenpflegerin Ines probt Anna den Aufstand und baut ihren Pool. Sie fasst neuen Lebensmut, greift mit beiden Händen nach dem Glück. Angeleitet von Bademeister Hardy lernt sie sinnigerweise sogar schwimmen. Aber bis auf Enkelin Michelle spielt hier keiner mit offenen Karten.
Regisseurin Karen Dietmair gelingt eine dichte Inszenierung, die den oft bissigen Humor und die lebensbejahenden, träumerischen Elemente geschickt ins komödiantische Gleichgewicht bringt. Dafür schafft Rainer Kühn ein wirkungsstarkes Bühnenbild, welches mit verblüffenden Verwandlungen nicht nur den äußerlichen Wandel von der altbackender Frühstückspension zur lichtdurchflutetem Open-Air-Kulisse abbildet, sondern gleichzeitig die sich damit stetig aufhellende Stimmung der Protagonistin kenntlich macht.
Cleveres Täuschungsmanöver
Im zweiten Teil gerät das Stück allerdings kurzzeitig in eine dramaturgische Schieflage. Um im Geschacher um ihren Besitz Fakten zu schaffen, täuscht Anna ein dramatisch fortgeschrittenes Stadium ihrer eingangs etablierten Demenz-Erkrankung vor. Da sie nun von allen „für verrückt“ erklärt wird, lassen die Erbschleicher ihrer Masken weitgehend fallen, und Anna kann deren unwertes Treiben unterbinden. Das clevere Täuschungsmanöver löst sich aber erst gegen Ende auf, so dass auch dem Zuschauer das Lachen, das Annas (gespielte) Verwirrung auslösen soll, irgendwie im Hals stecken bleibt. Ob dieser Kniff einen leider ernsthaften und traurigen Krankheitsverlauf nicht unzulässig banalisiert, mag dann natürlich jeder für sich entscheiden.
Beeindruckendes Ensemble
Anne Rohde spielt ihre Anna ganz wunderbar zwischen frustrierter Rentnerin, trickreich zupackender Seniorin im dritten Frühling, fürsorglicher Oma, resoluter Mutter und vergrätzter Witwe. Um sie herum formiert sich mit Harald Fiedler (Günni), Britta Poggensee (Michelle), Silke Ehrich (Ines) und Thore Baumgarten (Hardy) ein ebenso beeindruckendes Ensemble, das nicht zuletzt durch eine reibungslose Personenregie voll zur Geltung kommt. Großer Applaus.
Von Thomas Richter
Artikel veröffentlicht: Montag, 28.10.2019 in den Kieler Nachrichten
Fotos: Cynthia Rennenberg
Tickets sind an allen bekannten VVK-Stellen erhältlich oder unter (0431) 901 901.
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