Kieler Nachrichten – Machos op Ies

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Vom Kornfeld auf die Titanic

Vom 04.04.2016 aus der Redaktion der Kieler Nachrichten

Kiel. Eins vorneweg, Christian Kühns Machos auf Eis ist so hanebüchen, so wunderbar bekloppt und neben der Spur, dass man vor der Niederdeutschen Bühne Kiel schon deshalb den Hut ziehen muss, weil sie diese „Karaoke-Komödie“ des jungen Schauspielers und Autors (Jahrgang 1982) unter dem Titel Machos op Ies (nddt. Von Markus Weise) überhaupt auf den Spielplan gehoben hat. Das allerdings mit überwältigendem Erfolg, wie die Premiere am Wochenende deutlich zeigte.

Warum verirrt sich ein Bräutigam während seiner Hochzeit in den Kühlraum des Feier-Restaurants setzt sich eine dunkle Sonnenbrille auf und intoniert zu den blechernen Klängen aus einer Karaoke-Box Heinos Tampico („Die Caballeros tragen Sombreros in Tampico / die Senoritas, die tragen nie was in Tampico“)? Das kam so: Während besagter Hochzeit stolpern nach und nach vier Herren der Schöpfung – und später gar eine Dame – aus den unterschiedlichsten Gründen in den Kühlraum (Bühne: Rainer Kühn). Da sind der frisch vermählte Adrian, der dem ersten Ehekrach entfleuchen wollte, der arbeitslose Koch Sven, der einfältige aber liebenswerte DJ Henne (deswegen befindet sich eine Karaoke-Box im Kühlraum …) und der schmierige Frauenheld Oliver. Dumm nur, dass die Türklinke des Kühlraums von innen abgebrochen ist, es keinen Handyempfang gibt, das Restaurant ab morgen geschlossen ist und Hochzeitsgesellschaft den Laden sowieso schon längst verlassen hat. Inhaltlich nicht weniger überraschend kommt dann noch die hübsche Gönül dazu. Zumindest in ihrem Fall scheint einleuchtend, warum keiner der Männer den Raum verlässt, wo die Tür zum Kühlraum und damit zur Freiheit doch kurzzeitig offen stand. Um seiner Gemütslage Ausdruck zu verleihen, schnappt sich jeweils einer der Protagonisten das Miko und singt sich eins. Vom Bett im Kornfeld bis auf die sinkende Titanic mit My Heart Will Go On. Sich auf mangelnde Logik der Handlung, Charakterzeichnung oder Tiefe einzuschießen, würde das Ziel um Kilometer verfehlen. Das Stück ist ein herrlicher Spaß, und es ist das Verdienst von Regisseurin Karen Dietmair, dies erkannt und konsequent umgesetzt zu haben. Wobei ihr ein bestens aufgelegtes, mit viel Selbstironie ausgestattetes Ensemble zur Verfügung stand. Stimmlich am versiertesten war sicher Carina Dawert (Gönül), aber auch Hannes Jetzek (Adrian), Finn Fröhlich (Sven), Markus Laurenat (DJ Henne) und Andreas Oswald (Oliver) ließen im Kühlraum musikalisch nichts anbrennen.